Dieser Text erschien zuerst im HAZ MAGAZIN 1/2020 – Hier geht’s zu den PDF-Ausgaben
Text: Katrin Lukas
Die Ratgebenden zu Sex, Liebe und Beziehung in den Boulevardblättern – wir kennen sie alle. Hin und wieder schaut mensch mal rein und stellt fest: fast ausschliesslich heterosex. Dem stellen wir eine regelmässige Frage-Antwort-Seite zu queerem Sex entgegen.
Ich bin trans Mann und plane keine Genital-OPs. Beim Sex ist das oft seltsam und manchmal auch unangenehm, weil mein Körper dabei für mich “weiblich” wirkt und weil bestimmte Sexualpraktiken ja auch so mit Weiblichkeit verknüpft sind. Wie kann ich damit umgehen?
Danke für deine Frage. Körperformen wie Vagina, Lippe, Penis oder Brust usw. werden in der heteronormativen Gesellschaft dem «weiblichen» oder dem «männlichen» Geschlecht zugeordnet und so auch vom Körper als «weiblich» oder «männlich» gespürt. Eine Realität ist es, dass es ganz unterschiedliche Geschlechter und Körper gibt. So gibt es Männer mit Brüsten, mit Vulvas, es gibt Männer mit Klitoris, mit unterschiedlichen Bäuchen oder Penissen etc. Alle Körperformen können auch «männlich» gespürt und im Sex ausgelebt werden, dies ist Ausdruck der männlichen Vielfalt.
Im Sex mit dir alleine gelingt es dir vielleicht, deinen Körper als das zu spüren, was er für dich ist. Hier kannst du die Wahrnehmung auf die Qualitäten der Körperformen fokussieren und diese so für dich mit sexueller Erregung besetzen. So können die Eigenschaften der Körperformen, wie z.B. weich, hart, rippig, warm, knochig, feucht usw. bewusst gespürt werden und von dir in deine individuelle Männlichkeit integriert werden. Es gibt auch die Option, die Fähigkeit der Imagination einzusetzen und z.B. auf deine Klitoris als Penis zu fokussieren oder mit einem Strap-On zu experimentieren.
Mit diesen verschiedenen Möglichkeiten kannst du dir deine Männlichkeit, so wie und mit welchen Körperteilen du sie haben möchtest, in der Erregung gestalten. Da wir aber gelernt haben, binär zu spüren, kann dieses individuelle Spüren, welches du für dich entdeckst, manchmal irritieren und sich auch seltsam anfühlen.
Mehr Lust durch Bewegung
Beckenbewegungen helfen dir zu fokussieren und die sexuelle Erregung zu steigern. Du kannst vieles ausprobieren, z.B. eine stossende, kreisende oder schaukelnde Bewegung. So kann sich das Genital in verschiedenen Rhythmen bewegen, ruhen, rauschen, fliessen und pochen. Zudem kann die Art der Berührung von Bedeutung sein, wie das Geschlecht im Körper gespürt wird. Hier kannst du experimentieren, welche Berührungen dich neugierig und geil machen. Eine körperorientierte Sexualtherapie kann dabei unterstützen.
Ihr könnt eure Fragen und Anliegen an [email protected] senden und bekommt im nächsten Heft oder per Mail eine Antwort.
Beraterin: Katrin Lukas, Sexologin, Sexualberaterin und Sozialarbeiterin, arbeitet sexualtherapeutisch in eigener Praxis.
www.sexhelp.ch | Bild: @ipekmorel via Twenty20